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Interview: Paula Engels' Debütalbum "kommt von Herzen"

  • Autorenbild: Annika
    Annika
  • 29. Sept.
  • 7 Min. Lesezeit

Paula Engels war diesen Sommer von den deutschen Festivalbühnen nicht wegzudenken und zeigt in ihren Songs selbstbewusst ihren "Mittelfinger an die Welt". Nun hat sie ihr Debütalbum Kommt von Herzen herausgebracht. In ihren Songs verwandelt sie Schmerz in Stärke und singt über Dinge, die man als junge Person durchmacht. Ob's der Auszug aus dem Elternhaus ist oder das Nein-Sagen zum People Pleasing, auf ihrem Debütalbum gibt sie jeder Emotion einen Platz. Ich habe mich mit Paula auf dem Reeperbahn Festival in Hamburg getroffen, um mit ihr über ihren Festivalsommer und das Album zu sprechen.


Paula Engels "Kommt von Herzen" Album
Foto: Jacob Marwein

Die Anfänge von Paula Engels


Du machst schon seit deiner Kindheit Musik. Wolltest du als Kind auch schon Musikerin werden?


Paula: Ich hatte es nie als Ziel, Musikerin zu werden. Nicht mal, als ich schon fast Musikerin war. Ich wollte immer was mit Menschen machen. Ich wollte als Kind auf keinen Fall selbstständig sein, weil meine Eltern selbstständig sind. Ich nehme es jetzt eher auch nur in Kauf (lacht). Aber ich bin da so ein bisschen reingerutscht.


Ich habe ganz lange viel Sport gemacht und Hockey gespielt. Damit verdient man aber kein Geld. Das hat sich irgendwann relativ krass getauscht vom Fokus auf viermal die Woche Training zur Musik. Das ist dann nach und nach einfach mehr geworden und war irgendwann ein so großer Teil meines Lebens, dass das gar keine Frage mehr war, ob ich das jetzt als Beruf mache oder nicht.


Ich habe dich dieses Jahr auf dem Watt En Schlick Fest gesehen. Du hast diesen Sommer auf vielen Festivals gespielt. Gibt es Auftritte, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?


Paula: Das war mein erster richtiger Festival-Sommer. Das war wie eine lange Klassenfahrt mit zwei Pausen, wo man zu Hause ist. Aber irgendwie war's sehr schön und ging sehr schnell vorbei. Es gibt so ein paar Shows, die besonders waren, weil man zum Beispiel irgendwie nicht erwartet hat, dass sie so gut werden.


Ich habe beim LAUTFEUER Festival in Lingen gespielt und ich wusste nicht mal, wo das ist. Wir hatten am Tag davor eine ziemlich furchtbare Show gespielt. Da stand einfach Publikum vor der Bühne, was gar nicht gecheckt hat, was für Musik ich machen möchte und wer ich bin, weil das so Radiopublikum war.


Deswegen waren die Erwartungen am nächsten Tag einfach nicht so hoch. Wir haben um 22 Uhr gespielt und MAJAN hat dann noch den späteren Slot gespielt, um 23:30 Uhr. Dadurch, dass er danach gespielt hat, war es crazy voll. Wir haben im Sommer im Dunkeln gespielt, hatten geiles Licht und haben ein langes Set gespielt, eine Stunde oder so. Das war einfach eine voll schöne Show und das war so unerwartet. Und dann war das Deichbrand und Dockville so krass, weil super viele Leute die Texte konnten und mitgesungen haben. Aber das Watt en Schlick fande ich auch super schön.



Verschiedene Versionen von einem selbst


In dem Video zur Live-Session von "Kleine Tattoos" hast du dich tätowieren lassen. Wie war das, das zu filmen?


Paula: Das war mein erstes Tattoo, deswegen war es echt aufregend. Ich wollte eigentlich das Tattoo stechen lassen während ich singe. Das war aber allen ein bisschen zu heikel, weil wir dann für das Musikvideo nur einen Take gehabt hätten. Das heißt, wenn entweder filmmäßig, musikmäßig oder tattoomäßig etwas schiefgegangen wäre, wäre das halt scheiße gewesen. Deswegen haben wir das dann doch getrennt, erst die Session gedreht und dann erst um 23 Uhr angefangen, dieses Tattoo zu stechen. Ich war dann echt müde, das war besser für meine Aufregung. Sonst war es aber voll okay, die Tätowiererin ist ganz toll.


Paula Engels Cover "Kleine Tattoos"
Cover "Kleine Tattoos"

Und du hast dann eine Blume tätowiert bekommen, richtig?


Paula: Ja genau, die ist auch auf dem Single-Cover gesprayt. Aber eben auch für immer auf meinem Arm jetzt.


Auf deinem Album findet sich der Song "560 km". Das ist ja auch die Entfernung zwischen deiner Heimat Düsseldorf und Berlin. Aus was für einer Emotion heraus ist der Song entstanden?


Paula: Ich bin als das ganze Musikding losging, relativ schnell ausgezogen. Ich war so zwei Monate achtzehn und bin direkt nach Berlin gezogen, weil ich vorher schon gependelt bin. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass das irgendwas verändert. Dann war aber mein ganzes Leben Chaos, weil ich nicht mehr in der Schule war, dieser Musikjob ja auch ein besonderer Job ist und die ganze Bubble aufregend war, aber auch ein bisschen überfordernd. Und dann eben noch der Umzug und so weit weg zu sein. Ich bin einfach so nichts ahnend nach Berlin gezogen und habe gar nicht gecheckt, dass da aber nicht meine Friends sind, sondern erstmal nur Leute, mit denen ich zu dem Zeitpunkt gearbeitet habe.


Das ganze Jahr über war ich auch viel unterwegs. Deshalb wusste ich gar nicht, wo jetzt genau mein Zuhause ist, weil ich fühle mich in Düsseldorf zu Gast, aber auch in Berlin noch nicht angekommen. Irgendwie hatte ich meinen Ort verloren und wusste nicht so richtig, wer ich sein will und wo ich hingehöre.


Ich bin in der Zeit sehr erwachsen geworden, habe viele Dinge hinterfragt, mich entwickelt und irgendwann auch gecheckt: Es gibt auf einmal so viele Versionen von mir. Meine alten Friends in Düsseldorf, die haben ein anderes Bild. Bei meinen Eltern bin ich immer noch Kind, wenn ich zu Hause bin. Dann bin ich aber auf einmal in meinem Job die Chefin von meinem Projekt und muss Leuten Anweisungen geben. Die Sicht, die ich auf mich selbst hatte, hat auch nicht mehr so gestimmt, weil so viel, so schnell passiert ist. Daraus ist dieser Song entstanden.


Find' Kritik okay, weil ich mich nicht in ihr verlier

- Paula Engels in "Mittelfinger an die Welt"


In "Mittelfinger an die Welt" singst du darüber, dass du dich nicht mehr verstellst, um anderen Leuten zu gefallen. Du sagst auch, dass du dich nicht in Kritik verlierst. Wie gehst du mit Kritik an dir und deiner Musik um?


Paula: Das Gute ist, dass ich meistens selbst mein größte Kritiker bin. Das heißt, Kritik trifft mich nicht so direkt, weil ich meistens eh schon alles, was ich rausbringe, so oft überdacht habe, dass ich damit sehr sicher bin. Da weiß ich, das ist das, was ich machen will oder das, was ich rausbringen will. Dann ist es mir das auch ein bisschen egal. Vor allem, wenn es im Internet ist, dann nehme ich das nicht so ernst. Aber ich muss auch dazu sagen, ich hab noch nicht so viel Hate oder Kritik bekommen. Bis jetzt ist es so eine sehr süße, kleine, mausige Gang und die kommen nur zu mir, wenn sie mir sagen wollen, dass sie was schön finden. (lacht)


Ich hinterfrage mich auch selber viel. Ich hatte eine Zeit lang das Gefühl, wenn ich kritisiert wurde, dass jemand so in meine Unsicherheiten reingeht. Daraus ist diese Zeile entstanden, weil ich nicht wollte, dass mich Kritik so komplett rausnimmt und ich dann mein komplettes Handeln hinterfrage. Sondern eher so, dass ich ein bisschen neutraler, gefestigter auf alles gucke.


Songs als Momentaufnahmen


Im Song "Hab dich lieb (Skit)" hört man im Hintergrund Knarzen und am Ende des Liedes Vogelgezwitscher. Warum war dir wichtig, das mit reinzunehmen?


Paula: Die Vögel kamen noch ganz am Ende. Das Knarzen ist tatsächlich einfach das Klavier. Wir wollten diesen Skit so natürlich wie möglich aufnehmen. Die Vocals sind nicht mal über ein richtiges Mikro-Mikro recordet, sondern wir hatten so ein einfaches Mikro in der Session. Eigentlich gab es noch so ein Studio-Mikro, so ein besseres. Aber irgendwann haben wir gedacht, irgendwie ist es der Vibe von diesem Song, sehr roh, als hätte man einfach im Studio einmal alle Mikros auf "An" gedrückt und das in einem Take aufgenommen, ohne drauf zu achten, ob Fenster zu sind oder nicht. Eben nicht alles perfekt zu machen, sondern eher als so als eine Momentaufnahme. Und die Vögel waren schon so leise drin, ich fand die dann so geil, dass ich sie lauter haben wollte. Da habe ich mich nochmal so auf die Fensterbank gestellt und das Mikro in den Baum gehalten. (lacht) Man sitzt irgendwo draußen, es zwitschern irgendwelche Vögel und es kommen einfach Erinnerungen auf. Und das ist für mich dieser Song, Erinnerungen an die Jugend.


Paula Engels
Foto: Linda Ambrosius

Am Ende von "Pirouetten" hört man Streichinstrumente und das nächste Lied "Stille" geht ja auch direkt damit weiter. Warum hast du diese zwei Songs so verbunden?


Paula: Ich wollte die ganze Zeit schon so Übergänge bauen, auch live. Ich finde es immer schön, wenn ein Album ein Gesamtwerk ist und nicht nur einzelne Songs aneinandergereiht. "Pirouetten" und "Stille" passen inhaltlich auch irgendwie gut zusammen. Das eine ist die positive Seite und das andere die negative Seite von der gleichen Sache: Es ist so ein bisschen Überforderung, Zurückziehen und mal wieder Klarkommen. Die Essenz von "Pirouetten" ist: Ich finde mich immer wieder selber, wenn ich mich kurz rausnehme, alleine bin und checke, wie es mir geht und dann finde ich mich quasi wieder. "Stille" ist, wenn man das zu lange nicht gemacht hat, also schon einen Schritt zu weit gegangen ist.


Die Streicher waren eigentlich schon als Midi-Computer-Streicher in "Stille" drin. Das klang auch gut, aber es war irgendwie nicht das Gleiche. Deshalb wollten wir echte Streicher einspielen lassen. Da war klar, wir wollen diesen Übergang noch bauen, aber die zwei Songs sind auch nicht ganz in einer Tonart. Das heißt, man musste so ein bisschen checken, wie das passt. Es ist aber jetzt richtig schön geworden.


Das Album ist jetzt draußen, bald steht deine erste eigene Tour an. Wie geht's dir damit?


Paula: Ich freue mich einerseits voll, das Album zu spielen, weil der Festivalsommer jetzt vorbei ist. Es wird das erste Mal, wo wir manche Songs vom Album spielen, wenn sie veröffentlicht sind. Es gibt einige, die wir noch nie gespielt haben. Ich freue mich auch ganz krass, in Düsseldorf zu spielen. Ich habe noch nie eine eigene Show in meiner Hometown gemacht und ich weiß von ganz vielen Leuten, dass sie kommen. Das wird bestimmt sehr sweet.


In Berlin war es schon irgendwie special, da haben wir schonmal eine eigene Show gemacht, das war auch die erste eigene. Das ist irgendwie absurd, darüber nachzudenken, dass da alle nur für dich da sind, extra Tickets gekauft haben, dementsprechend auch deine Musik kennen und irgendwie Songtexte mitsingen. Das ist schon verrückt und irgendwie besonders.

 

Kommt von Herzen ist am 26. September via Jive erschienen.


TOURDATEN

30.10. Berlin, Lark

04.11. München, Kranhalle

05.11. Düsseldorf, Zakk

06.11. Hamburg, Hebebühne

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