Victoria West im Interview: Von der Schule ins Studio
- Luisa

- 16. Okt.
- 7 Min. Lesezeit
Erst siebzehn Jahre alt, feuerrote Haare, eigene Ästhetik, Englisch-Skills wie eine Muttersprachlerin. Es ist schwer, einen Artikel über Victoria West nicht mit den offensichtlichen Besonderheiten zu beginnen. Aber da das jetzt abgehakt ist, reden wir über ihr musikalisches Talent: Nach ihrer Teilnahme bei The Voice Kids 2024, hat Victoria diesen Oktober ihre erste EP veröffentlicht. Und die ist so vielseitig wie sie selbst.

Pomegranate Odyssey ist dein erstes großes Musikprojekt. Wie war die Erfahrung, das erste Mal Musik im Studio aufzunehmen?
Es war richtig cool, ich durfte von Anfang an mit den richtigen Personen zusammenarbeiten und es hat gleich alles funktioniert. Ich hab gehört, es ist selten so, dass man gleich die richtigen Menschen trifft, mit denen man auch im Studio eine gute Harmonie und Chemie hat. Jedes Mal wenn ich im Studio bin, ist es wie ein Fiebertraum und es ist immer die coolste Zeit.
Du kommst aus einer sehr kreativen Familie – zumindest deine Mama erwähnst du da öfter. Ist es für dich wichtig, dass du dich mit deiner Familie über Musik und Ideen austauschen kannst?
Auf jeden Fall. Meine Mama ist immer mit im Studio und ich erzähl auch alles Zuhause. Ich glaube, das wäre ganz schrecklich, wenn ich das nicht könnte. Sie betrachtet zwar alles mit einem kritischen Auge und sagt mir, wenn was nicht passt oder wenn’s einfach nicht umsetzbar ist. Aber sie unterstützt mich in jeder Hinsicht und steht voll hinter mir.
Wenn deine Mama mit im Studio ist, lässt sie dich dann einfach machen oder bringt sie dann auch ihre eigenen Ideen ein?
Also manchmal bitte ich meine Mama, mich kurz alleine zu lassen. Es ist dann doch was anderes, wenn die Mama im Raum sitzt und immer zusieht. Aber ich schätze das schon sehr, wenn sie dabei ist und auch ihre Kritik äußert und ihre Meinung sagt. Weil sie hat meistens recht – sie betrachtet ja alles ein bisschen von außen.
In deinem Ankündigungs-Post zur EP hast du auf Instagram geschrieben "This has been an eternal process". Kannst du ein bisschen was zum Entstehungsprozess der EP erzählen?
Ich hab im Mai 2024 mit The Voice Kids aufgehört und wir haben eigentlich direkt danach mit der Planung der EP und den Verträgen angefangen. Der Planungsprozess war der nervigste von allen, ich hasse alles bürokratische, das hat ewig gedauert. Ich wollte einfach loslegen. Im Studio waren wir dann ziemlich genau ein Jahr danach, das war das coolste überhaupt.
Im Juni dieses Jahr waren wir komplett fertig mit allen Songs. Es hieß dann, wir veröffentlichen die EP im Oktober. So lange wollte ich gar nicht warten, am liebsten hätte ich alles auf einmal veröffentlicht. Im Nachhinein hatte ich doch eine Freude dran, dass der Release-Prozess länger gedauert hat, weil dann hat das alles so seine eigene Aufmerksamkeit bekommen. Aber es hat sich angefühlt wie eine Ewigkeit.
Pomegranate Odyssey ist eine Cover-EP. Wie kam’s zu dieser Idee?
Leider ging es vertraglich nicht, dass ich direkt eigene Songs veröffentliche, dann haben wir gesagt wir machen Covers. Ich habe mich ganz genau damit beschäftigt, in welche Songs ich mich textlich und gefühlsmäßig so reinversetzen kann, als wäre es mein eigenes Lied. Es war mir schon sehr wichtig, dass es in jeder Hinsicht zu mir passt und dann hab ich mich für diese fünf Songs entschieden.
Ich habe Songs aus den 70ern bis 2010ern ausgewählt, das find ich richtig cool. Durch diese Dekaden wird die Diversität abgedeckt, aber es ist trotzdem eine Einheit, obwohl die Songs zeitlich und auch von den Originalkünstlern sehr weit auseinander sind. Nicht nur die Songs haben mich inspiriert, sondern auch wie das Lied entstanden ist, unter welchen Umständen – damit hab ich mich sehr viel beschäftigt. Ich hatte eine klare Version, wie ich mir das vorstelle und bin sehr glücklich, dass mein Team das so umgesetzt hat.
Also war es im Endeffekt gar nicht so schlimm, dass es nicht keine originalen Songs waren für die erste EP?
Ich hätte natürlich lieber meine eigenen Songs gemacht, aber ich bin schon sehr happy damit, wie die EP geworden ist.
Es gibt 300 Millionen tolle Songs auf dieser Welt. Wie entscheidet man sich da letztendlich für fünf Songs?
Bei "Crucify Your Mind" spezifisch, fand ich die Story von Rodriguez so inspirierend. Er ist für unsere Familie ein sehr wichtiger Künstler und bedeutet mir sehr viel. Deswegen lag es für mich auf der Hand, dass ich ihn wiederbelebe und der jungen Generation ein bisschen näher bringe. "I Got a Name" ist ein Song, der meiner Mama sehr gut gefällt, auch wegen dem Text. Darin geht’s darum, dass man sich selbst findet und zu seinem Namen steht. Das find ich eine sehr wichtige Message, das versuche ich auch auf Social Media und mit meiner Kunst zu porträtieren. Das crazy 80s-Feeling von "Call Me" finde ich auch sehr wichtig in meiner Person. Diese persönlichkeitsstarke Musik aus den 80ern hat mich sehr geprägt in dem, wie ich aufgewachsen bin.
Und wie ist es bei "Beautiful Ones" und "Maybe Tonight"?
"Beautiful Ones" war die Idee von meinem damaligen Manager. Der Song ist ein bisschen ein Kontrast. Ich hatte auch überlegt vielleicht die Sex Pistols zu covern, weil das würde man überhaupt nicht mit mir assoziieren. Dann sind wir auf Suede gekommen. Und bei "Maybe Tonight" haben wir spezifisch nach einem Song aus den 2000ern gesucht. Das Original ist so richtig magisch. Den Song kannte ich vorher gar nicht, aber der hat mich vom ersten Moment an abgeholt.
Aktuell stehst du ja noch am Anfang deiner Karriere. Fühlt es sich für dich auch nach dir selbst an oder eher nach einer Rolle, die man einnimmt?
Von Anfang an, habe ich eigentlich drauf geachtet, dass ich mich nicht verstelle mit meiner Künstler-Rolle. Dass ich einfach ich bleibe. Soweit fühlt es sich auch nach mir an und ich glaube, sobald es abrutscht, dass ich zwei Personen werde – die, die das reale Leben lebt und die Person die Musik macht – dann rennt was falsch.
"Crucify Your Mind" ist ein Song aus den 70ern. Deine Version ist langsamer und zurückgenommener. In manchen Passagen dehnt sich sich dein Gesang mehr aus als im Original und ihr habt auch ein paar Instrumente "weggelassen". Das Glockenspiel, das man im Original hört, wird zum Beispiel in deinen Gesang verwandelt. Wie fällt man bei Cover-Songs diese einzelnen kleinen künstlerischen Entscheidungen, die den Song formen?
Ich hab versucht, mir die Originalsongs so wenig wie möglich anzuhören. Auch wenn ich Cover auf TikTok poste, höre ich mir die gar nicht so oft an. Nur so, dass ich die Melodie im Ohr hab und dann schau ich die Noten an.
Es ist eigentlich alles auf den Akustik-Versionen von mir und der Gitarre aufgebaut, die ich meinen Produzenten Benji Alasu und Patrik Majer geschickt hab. Die Grundmelodie haben wir beibehalten und dann die Songs mit Bausteinen so zusammengesetzt, wie wir dachten, dass es klingt, wenn es mein Song wäre und die Worte von mir kämen. Wir haben uns nicht wirklich an’s Original gehalten, das ist glaub ich auch sehr wichtig, wenn man Cover macht. Es soll ja keine Kopie, sondern eine Interpretation vom Original sein. Das haben wir ganz gut hinbekommen.

Hat man da am Anfang nicht 100 verschiedene Versionen im Kopf, wie es sich letztendlich anhören könnte? Deine Version von "Call Me" sehe ich zum Beispiel in so einer Crime-Szene bei einem Krimi.
Bei "Call Me" haben Benji und Patrick die ganze Atmosphäre gebaut. Das war der erste Song, den wir gemacht haben. Und wie gesagt, ich hatte keine Studio Erfahrung und keine Ahnung wie das abläuft. Das war auch der aufwändigste Song würde ich sagen, von den Layers und wie intensiv der ist. Da haben sich die beiden sehr ausgelebt.
Aber der Vibe, dieses bisschen mystische, ist definitiv das Omnichord. Das ist ein Instrument und das ist in jedem Song drin. Es war so ein bisschen die Inspiration für die EP und wir haben gesagt, das ziehen wir durch. Eine Idee, wie sich das Ganze anhören soll, hatten wir aber eigentlich nicht.
Wie ist es denn, wenn man zusammen im Studio ist? Ist es manchmal schwer, verschiedene künstlerische Visionen zu vereinen?
Ich bin schon ein People Pleaser. Ich bin noch dabei zu lernen, zu sagen, wenn mir was nicht gefällt und ich es gerne anders machen würde. Dadurch, dass es Cover waren, gab es jetzt nicht so intensive Auseinandersetzungen. So arg verschieden kann es sich nicht anhören im Vergleich dazu, wenn man einen Song von null auf schreibt. Wir haben jetzt mit meinen eigenen Songs angefangen und das ist ein komplett anderer Prozess. Bis jetzt hatten wir aber noch nicht wirklich konträre Ideen. Es war eigentlich ganz harmonisch.
Du gehst ja aktuell noch zur Schule. Wie sah während der Entstehungsphase der EP so ein typischer Tag für dich aus? Morgens Schule, abends Studio?
Bis zum jetzigen Zeitpunkt war es schon stressig. Ich gehe in Österreich zur Schule und das Studio ist in Zürich. Das heißt, ich hab immer einen Schultag opfern müssen, weil ich meistens über’s Wochenende fahre. Da ging dann meistens ein Freitag drauf. Das ist ein bisschen blöd, weil man dann immer die Stunden nachholen muss – vor allem bei so Fächern wie Mathe. Das war auch schon vorher bei The Voice Kids blöd. In Französisch zum Beispiel spüre ich immer noch, dass mir die Stunden fehlen. Aber jetzt hab ich bald meinen Abschluss.
Würdest du sagen, The Voice Kids war für dich ein Sprungbrett oder eher dafür da, mal den Zeh ins Wasser zu halten?
Meine Mama hat mich bei The Voice Kids angemeldet, ohne dass ich das wusste. Ich hab immer in meinem Zimmer ein bisschen Musik gemacht aber Musik wirklich professionell zu machen ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Dann bin ich bei The Voice bis zu den Sing-Offs gekommen und danach mit Anfragen für Zusammenarbeiten und dem ganzen Musikbusiness-Kram überfallen worden. Mittlerweile ist die Idee, Musik zu meinem Beruf zu machen, schon sehr attraktiv.
Und wie sieht die Zukunft für dich aus? Wie planst du deine Kunst weiterzuentwickeln?
Wir schreiben jetzt an meinen eigenen Songs weiter. Anfang nächstes Jahr kommen dann die Originals. Ich freu mich schon sehr darauf, meine eigene Musik rauszubringen und rausfinden zu können, welches Genre, welche Richtung und welcher Style. Das ist ja alles ein Prozess, wo man erst draufkommt, wenn man’s ausprobiert. Da sind wir grade dabei und das wird so der nächste große Meilenstein sein.





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