Neue Musik zu entdecken ist toll. Aber um ehrlich zu sein: Zwischen neuen Alben und Trends, Künstler:innen und Collaborations fällt man oft auf Altbekanntes zurück. Irgendwann stolpern wir unverhofft über ein Album, Künstler:innen oder diesen einen Song, der vergessen im Regal oder der untersten Playlist darauf wartet, wieder entdeckt zu werden. Einmal im Monat kramen wir diese Wiederentdeckungen bei SPOTTED für euch heraus und lassen euch an diesem Hörerlebnis teilhaben.
In den kühlen, grauen Wintermonaten brauche ich Pop-Musik, die mich glücklich macht. Die Musikerin MARINA, die früher noch unter dem Künstlernamen "Marina And The Diamonds" unterwegs war, habe ich 2015 in meiner "Tumblr-Phase" kennen und lieben gelernt. Besonders ihre ersten Alben strotzen nur so von catchy Songs, die zum Tanzen ermutigen und die Laune heben.
Auf MARINAs Debütalbum The Family Jewels finden sich bereits echte Hits, wie "Oh No!" oder "Hermit the Frog" und eine Stimme, die einen wahren Erkennungswert hat. Songs, wie "Primadonna Girl" oder "Teen Idle", zeichnen sich durch Überspitzung und Sarkasmus aus, später klingen bei Alben wie LOVE + FEAR oder im darauffolgenden Album Ancient Dreams In A Modern Land auch ernstere Töne an. Sie spricht über Themen wie Feminismus, Klimawandel oder auch über Selbstakzeptanz. Und auch im Internet ist MARINA heute für viele ein Vorbild, denn dort spricht sie offen über ihre (mentale) Gesundheit oder über das Altern.
Die Rolling Stone listet sogar das 2012 erschienene Album Electra Heart unter den 50 größten Konzept-Alben aller Zeiten. Dieses Album gehört auch zu meinen Favoriten aus ihrer Diskografie. Es ist poppig, überdreht, gleichzeitig dunkel und passte damals perfekt in die Grunge "Tumblr-Era", in die Artists wie MARINA, Lana Del Rey oder The Neighbourhood gezählt wurden. In Electra Heart werden in Songs wie "How to be a Heartbreaker" oder "Bubblegum Bitch" überspitzte Rollen dargestellt - mal die Herzensbrecherin, mal die "Bubblegum-Bitch" - und das immer mit einem frechen Augenzwinkern. Charakteristisch in dieser Zeit sind die platinblonden Haare und das kleine aufgemalte Herz auf der Wange.
Spricht man über die Diskografie von MARINA darf das Lied "Just Desserts" feat. Charli XCX aus dem Jahr 2013 auf keinen Fall fehlen. Es wurde ursprünglich angedacht für Electra Heart, aber ist leider lediglich online veröffentlicht worden und nie auf einem Album erschienen. Wer hier Lust hat ganz tief in die Materie einzutauchen: Im Internet kursieren diverse Theorien, inwiefern 2016 ein Streit stattgefunden haben soll. Heute scheinen die beiden allerdings gut zueinander zu stehen.
"Man's World" ist eine feministische Hymne und für mich einer der stärksten Songs von MARINA. In dem gesellschaftskritischen Song geht es unter anderem um die Diskriminierung von Frauen und LGBTQIA+ Personen, sie fordert Veränderung und singt: "I don't wanna live in a man's world anymore".
Eher (leider) unüblich in der Musikbranche, ist Ancient Dreams In A Modern Land ausschließlich von FLINTA*-Personen produziert worden, womit MARINA auch ein Zeichen setzt. In dem Song geht sie auf die Diskriminierung bis hin zu den Salemer Hexenprozessen ein, wo alle Personen, die als abnormal galten, ausgegrenzt wurden.
“Burnt me at the stake, you thought I was a witch / Centuries ago, now you just call me a bitch.”
MARINA in "Man's World"
MARINAs Musik hat Charme, ihre Texte sind stark und empowernd. Über die vergangenen Jahre hinweg sieht man verschiedenste Alben-Konzepte, ihre unterschiedlichen Facetten und Vielfältigkeit. Ihr letztes Album erschien 2022, seitdem konzentrierte sie sich auf ihre Gesundheit und brachte in diesem Jahr ihren Gedichtband "Eat The World" heraus. Für 2025 wird gemunkelt, dass ein neues Album erscheinen wird, nicht zuletzt, weil MARINA eben auf einigen Festivals angekündigt ist. Ich bin sehr gespannt und höre mich bis dahin weiter durch ihre Alben.
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