Alles an Jules Ahoi schreit nach Meer: sein Name, sein Look und seine Musik. Letzte Woche erschien sein neues Album DEAR ____.
Sein Freigeist trieb in schon an die verschiedensten Orte. In einem kleinen Ort bei Osnabrück geboren, zog er, nachdem er in Dänemark seine Liebe zum Wasser und Surfen entdeckte, mit 18 Jahren nach Kiel ans Meer. Später brach er sogar sein Studium ab, um an der französischen Atlantikküste in seinem VW Bus zu leben. Dort arbeitete er als Surflehrer und hielt sich mit Straßenmusik und Modeljobs über Wasser.
Jules Ahoi durchlebte diverse musikalische Phasen. Mit 13 Jahren begann er in einer Punkband als Schlagzeuger. Dann nahm er sogar drei Alben als Rapper auf und brachte sich selbst Gitarre bei. Später erschienen zwei EPs und ein Album von seiner Indie-Surf-Folk-Band Manua Loa, die aber auch wieder in die Brüche ging. Daraufhin entstand sein Soloprojekt „Jules Ahoi & the Deepsea Orchestra“ in Frankreich, von dessen Namen allerdings nach mehreren Besetzungswechseln nur noch „Jules Ahoi“ übrig blieb. Um sich voll und ganz der Musik zu widmen, lebt Jules Ahoi seit ein paar Jahren in Köln, wo er sein neues Album aufnahm.
Dadurch wurde DEAR ____ auch deutlich urbaner als die bisherigen Alben von Jules Ahoi. Mit diesem Titel kann der Hörer entscheiden, wem er seine Gedanken während des Hörens widmet. Die Titel der Songs sind genauso außergewöhnlich, wirken aber leider teilweise kryptisch. Auch die Struktur des Albums macht einen chaotischen Eindruck auf mich. Von „to become“ gibt es zwei Versionen, von „Somebody“ gleich drei verschiedene, die dann auch noch unterschiedliche Namen haben. Und dann ist da noch die Groß- und Kleinschreibung und die vielen Klammern. Dadurch werden zwar die Titel Teil der Kunst, es stört jedoch das runde Bild. Das ist aber mein einziger Kritikpunkt, der viel wichtigere Teil, der Inhalt des Albums, hat mich überzeugt.
Das Intro von „3 AM“ fängt perfekt ein, wie man sich bei dem Verlust eines geliebten Menschen fühlt. Die Emotionen stauen sich nach und nach an und brechen am Ende des Songs wie aus einem Vulkan aus. Das eindrucksvolle Musikvideo verleiht „3 AM“ eine ganz neue, tiefe Ebene.
In „Oh, Agnes“ thematisiert Jules Ahoi die Geschlechterrollen unserer Gesellschaft. Dass der Song keine Strophen hat, sondern nur aus Chorus und Pre-Chorus besteht, macht ihn auch musikalisch besonders.
Der Titel „( void )“ erklärt seinen Inhalt von selbst. Es geht um eine Trennung und die Leere die man dabei verspürt. Die Stimmung von „( void )“ erinnert jedoch eher an einen Trip ans Meer um vor seinem Alltag zu fliehen.
In „MOUNT IAM“ zeichnet Jules Ahoi das wunderschöne Bild eines Berges im Meer, der vom Wasser umspielt wird. Diese Metapher steht dafür, wie Eindrücke und Umwelteinflüsse eine Person formen.
Mit „Sonate du Courage (Cmaj / freckles pt. II)“ überrascht der Musiker mit neuen Klängen - Autotune kombiniert mit Klavier. Durch die vielen verzerrten Stimmen im Hintergrund kommt besonders die Zeile „i need time and space“ und das Gefühl der Verlorenheit im Alltagsstress zur Geltung.
Jules Ahoi baute im ganzen Album kleine Tonschnipsel ein. In „januarysteps (Skit)“ hört man Geräusche, die er auf dem Adams Peak in Sri Lanka aufnahm, dort wo er mit „Time Will Tell“ anfing für „DEAR ____“ zu schreiben.
„Someone“ und „Somebody“ ist insgesamt dreimal auf dem Album anzutreffen. Dieses Feature mit Luna Morgenstern handelt vom Druck „irgendwer“ zu sein und Erwartungen zu erfüllen.
In der Acoustic-Version von „to become“ wurde das „werden“, dadurch dass sich kein Teil des Songs wiederholt, musikalisch zum Ausdruck gebracht.
DEAR ____ ist das bisher persönlichste Album von Jules Ahoi und es ist eine deutliche musikalische Weiterentwicklung erkennbar. Es eignet sich perfekt für einen Roadtrip, zum Nachdenken oder für lange, gemütliche Abende in einer warmen Sommernacht, egal ob am Meer oder in der Stadt.
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